Viel Spaß, viel Stress
und ´ne Menge Lernerfahrung
Literaturkurs-Impressionen von
Sarah Bömer
September
2001. Da saßen wir nun, die Gruppe C des Literaturkurses 13 des Gymnasiums
Borghorst. Gruppe C, das waren Sarah, Verena, Monika, Rebecca und Tim. Fünf
Leute, fünf Charaktere und fünf Vorstellungen von dem, was kommen sollte.
Ich meine, man stelle sich das mal vor: Ein eh’ dauergestresster Schüler
kommt mit seinen eigenen kreativen Ideen zum Unterricht und will sich
entspannt mit seiner Filmidee durchsetzen. Problem: Vier andere wollen das
auch! Folglich, nix mit Entspannen. Nach einigen Überlegungen in der Mädel-Brigade
einigten wir uns - mit Stolz und Genugtuung meinerseits - auf einen schönen,
interessanten, tollen Tanz- und Musikfilm.
Völlig entspannt und voller Tatendrang ging ich nach einer Woche Krankheit
wieder zum Literaturunterricht und war relativ schnell wieder gestresst,
verspannt und überrumpelt.
Wie konnte ich es anders
erwarten? Kaum bewegte sich etwas Männliches in Richtung Gruppe, musste alles
zu Gunsten dieses Geschöpfes geändert werden. Es sollte nun plötzlich ein
„ HORRORFILM“ werden oder so was Ähnliches. Ich war entrüstet. Doch auf
Entrüstung folgte schnell die Einsicht: Fehle nie, nie wieder, wenn wichtige
Entscheidungen anstehen könnten!!
Naja, irgendwie, irgendwo, irgendwann hatten wir uns dann doch alle mehr oder
weniger mit der Idee der männlichen
Potenz arrangiert und gingen zum praktischen Teil der Arbeit
über. Mit rein weiblicher Anwesenheit führten wir ein sehr
professionelles Casting durch. Mit Ausrufen wie „Jetzt lach doch mal!“,
„Guck mal traurig - stell dir einfach vor, dein Freund macht gerade mit dir
Schluss!“ versuchten wir die beste, professionellste Besetzung für die
Rollen, die wir mittlerweile im Drehbuch festgelegt hatten, zu finden - mit
eher weniger gutem Resultat. Man stelle sich die Situation doch mal vor: Vier
Mädels vor der Schultoilette und bei jedem Wort fällt jede in dieses
typische Gelache, hört eine auf,
fängt die nächste wieder an - ein fortlaufender
Kreislauf mit viel Spaß und
wenig Resultat. Obwohl, Moment, es gab ein Resultat : Ich war mir sicher, ich
werde die Geschehnisse der nächsten Wochen und Monate aus dem Auge des
Betrachters verfolgen - als Kameramann, sorry, natürlich als Kamerafrau; wenn
auch nicht bei der Themenfindung, so hatte sich doch langsam die Emanzipation
bei uns durchgesetzt.
Apropos Wochen und Monate: zu denken, es könnte sich bei dieser Schulaufgabe
um etwas handeln, was in ein paar Wochen erledigt wäre, so waren wir doch
noch recht jung, naiv und unerfahren. Denn was in den nächsten Wochen und
Monaten auf uns zu kam, damit hatten wir wohl alle nicht gerechnet: Termin für
die endgültige Drehbuchfassung. Verdammt viel Arbeit, und vor allem schwere
Koordination! Versuch doch mal, fünf Menschen - besser gesagt junge
Erwachsene - kurz vorm Abitur (obwohl uns das, glaub ich , noch nicht so viel
gestört hat) mit einem stark durchgeplanten Privatleben für einen
gemeinsamen Termin unter einen Hut zu kriegen! „Ich hab keine Zeit, mein/e
Freund/in wollte heute kommen, ich muss zum Training, ich muss
arbeiten....“- normale Zeitprobleme halt.
Dieses Problem zog sich im übrigen auch noch durch die nächste Zeit, wie ein
Roter Faden durch einen Roman.
Nach Überwindung dieser Probleme hatten wir das Drehbuch nun endlich fertig,
natürlich zum allerletzten möglichen Termin, normal eben. Voller Stolz -
immerhin unser erstes eigenes Drehbuch! - erwarteten wir nun die Resonanz des
Lehrkörpers. Ich kann nur jedem raten, der dieses ebenso tut, seid nicht zu
optimistisch, es ist eben doch nur das ERSTE eigene Drehbuch. Und natürlich fünf
verschiedene Charaktere, fünf unterschiedliche Meinungen...
Allen Komplikationen zum Trotz wollten und mussten wir endlich drehen, die
erste Szene, unsere erste Szene!!! Mittlerweile: November 2001.
Rattenkalt draußen, nebelig und letztendlich auch noch Schnee. Juchhu! Völlig
motiviert fanden wir mal wieder selten einen gemeinsamen Termin, denn ich
mein, wer hat schon Bock, sich bei dem tollen Wetter und kurz vor Weihnachten
- ach ja, Klausuren wurden ja auch noch geschrieben - nach draußen zu bewegen
und da dann auch noch irgendeinen Charakter zu spielen und von vorbeilaufenden
Menschen dabei verstört angeguckt zu werden? Mal ganz ehrlich?
Ich meine, in unserem Alter befindet man sich doch eh schon in einem
Vorstadium der Mid-Life-Crisis . Aber was sein muss, muss sein.
Und okay, es war ja auch jedes Mal lustig. Man stelle sich doch mal vor, ich
liege über 'ner Toilette, mit lauter grell orangen Flecken um mich herum -
meine Kotze - und bin tot! Ich musste, glaub ich, selten in meinem Leben so
lachen. Ich mein, allein die Vorstellung... ich war echt quick lebendig,
Moment, ich war ja tot... naja, schon verstanden.
Ende Januar
2002: Da saßen wir nun, wieder zu viert; der anfangs sehr dominante Part der
Gruppe, Tim, hatte die Schlacht mit den wissenden Lehrkörpern verloren und
verließ die Schule, jedoch mit dem Versprechen uns tatkräftig zu unterstützen,
soweit es seine Zeit zuließe. Klar, er spielte die Hauptrolle in unserem
Projekt und ihm blieb auch nicht viel anderes über.
Nach etlichem Zeitaufwand und viel verlorener Freizeit, standen wir nun vor
einem nächsten großen Problem - die Technik!!
Vier Frauen, ein Computer und null Ahnung - wir mussten schneiden!!! Doch
nicht die jetzt vielleicht erwartete Nichtkenntnis mit dem Medium bereitete
die Probleme (denn wir sind ja verdammt lernfähig!), sondern der Computer
bekam Probleme mit uns und
unseren Vorstellungen; ich glaub einfach, wir wollten mehr, als er verkraften
konnte. Zumindest schien er mit unseren Vorstellungen häufig nicht
einverstanden zu sein und meinte streiken zu müssen. Ich glaub, wir
haben alle noch nie so viel Angstschweiß und Zigarettenrauch produziert wie
in diesen Trotzphasen des Computers, der sich wie ein kleines Kind gebärdete,
der zwar nicht die Hosen, aber ständig die Festplatte voll hatte und uns mit
seinem ständigen „Fehler im Programm“ zur Weißglut brachte!
Ich mein, das muss man sich mal vorstellen: Da sitzt man Wochen, Monate, ja,
beinahe Jahre ( ja, okay, aber manchmal muss man einfach übertreiben) jede
freie Minute ( wie war das mit den Übertreibungen?) im Schneideraum,
zerbricht sich den Kopf, wie, was, wohin soll und dann zickt der rum. Und dann
muss man sich am Rande von „Profis“ anhören „gibt doch noch die
Sicherheitskopie“, aber wie bereits gesagt: vier Frauen und ein Computer.
Doch endlich, im März 2002 war der Film, unser erster eigener Film, fertig,
um genau zu sagen am 14.03.2002. Ist doch gut , immerhin war die Filmvorführung
doch erst am 19. März!
Da standen wir nun, samt Ergebnis. Ich erinnere mich, dass wir anfangs gesagt
hatten: „Ey, unser Film soll zum Nachdenken anregen“, naja, hat er
letztendlich bei der Vorführung auch ,nur, naja, ich glaube nicht wirklich
so, wie es - zumindest aus meiner Sicht - geplant war... Wenn auch nur wenige
den Handlungsablauf verstanden haben – so hat er doch zumindest in dieser
Hinsicht zum Nachdenken angeregt - Ziel erreicht (immer alles positiv sehen,
ne?)!
Ein anderes Ziel haben wir auf jeden Fall erreicht: jeder Film wird von uns
seitdem untersucht: welche Kameraeinstellung?, wie wird Spannung und Dramatik
erzeugt?, wie wird beleuchtet? ... Ich mein, da macht es doch erst richtig Spaß,
sich abends gestresst aufs Sofa zu legen, um sich beim Fernsehgucken
vom harten, stressigen Alltagsleben eines jungen Erwachsenen, kurz vorm
Abitur, also mittlerweile wirklich im Lernstress, zu erholen, und so nebenbei
bei „Unter uns“ und „Verbotene Liebe“ den Kameramann, den Regisseur und die
Schauspieler zu kritisieren.
Obwohl, Moment , das heißt doch, wir haben was gelernt - kritisch zu
hinterfragen ist doch schon mal positiv. ABER, vor allem: Sucht euch ein neues
Hobby um abzuschalten von dem harten gestressten Dasein eines Schülers. Und dennoch: Die Gruppe C des
Literaturkurses 13 des Gymnasiums Borghorst ist stolz darauf, trotz fünf
Leuten, fünf Charakteren und fünf Vorstellungen etwas Gemeinsames
erreicht zu haben - und das mit viel Spaß , Stress und 'ner Menge
Lernerfahrungen!