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Spezielle Erklärung zur Entstehung des Tons beim Didgeridoo

 

Einleitung:

Bis Mitte der Achtziger Jahre wurden kaum akustische Forschungen zum Thema Didgeridoo unternommen. Mir sind nur drei Arbeiten von Graham Wiggins (1985), Neville Fleteher (1983 und 1996) und Lloyd Hollenberg (1998) über Akustik und Physik des Didgeridoo bekannt.

Wiggins nahm die Lippenbewegungen beim Didgeridoospiel mit einer Spezialkamera auf und konnte anschließend das Material langsamer abspielen. Sichtbar wurde ein sehr komplexer motorischer Vorgang: Ein Drittel des Spielvorgangs sind die Lippen geschlossen. Die Lippen machen eine regelrechte Klappenbewegung. Ist die Form und der Klang des Didgeridoos relativ einfach, birgt die Klangerzeugung mit dem Didgeridoo einen physikalischen Vorgang, der kompliziert ist wie bei kaum einem anderen Windinstrument dieser einfachen Bauart.

Seit 1998 forscht auch Lloyd Hollenberg - ein australische Physiker und begeisterter Didgeridoospieler - zum Thema. Er hält Vorträge zur Physik des Didgeridoo und beklagt, daß viele Menschen im Westen dem Didgeridoo keine tiefere Bedeutung beimessen, weil es in seiner äußeren Form und der Spieltechnik so ,primitiv' erscheint. Er stellt immer wieder fest, daß für viele Zivilisierte ein Vorgang kompliziert, eine Technik undurchschaubar sein muß, damit sie von ihrem Wert überzeugt sind.

Hollenberg untersucht die Klangentstehungsmechanismen des Digeridoo, ausgehend von Lippen- und Atemluftbewegungen. Dabei zeigt sich dieser Prozeß als so kompliziert, daß es der Hilfe von Computern bedarf, sie zu entschlüsseln. Mit einfachen ,,swinging oder sliding door"-Modellen werden die Lippen simuliert. Ein schneller Rechner benötigt eine gute Stunde, um eine Sekunde Didgeridooklang mit diesen Modellen zu erzeugen.

In Zukunft plant Hollenberg mit verbesserten Lippensimulationen und leistungsstärkerem Computer, noch tiefer in die Physik der Klangerzeugung vorzudringen. Sein Ziel ist es, zu zeigen, daß unter der scheinbar primitiven Oberfläche des hohlen Astes äußerst komplexe physikalische Mechanismen einen Klang erzeugen, der Beachtung finden sollte. ,,Wir müssen begreifen, sagt Hollenberg, ,,daß nichts ohne Bedeutung ist, so einfach es uns auch bei oberflächlicher Betrachtung scheint. Die Physik hat mich so zu einem spintuellen Menschen gemacht. Wenn wir nur genau genug hinschauen, erkennen wir komplexeste Vorgänge in den einfachsten Dingen. So wie beim Didgeridoo."

 

Physikalischer Zusammenhang:

Im Didgeridoo wird mittels der Blastechnik (vgl. Spielanleitung) in der Luftsäule eine stehende Welle erzeugt. Um es sehr bildhaft auszudrücken: Die Klänge gelangen immer nur zu einem Teil aus dem unteren Ende des Didgeridoo heraus, während ein Teil sich gegen den Atemstrom im Didgeridoo aufwärts bewegt und mit den neu erzeugten Klängen kollidiert, sich durchmischt und in beide Richtungen fortbewegt. D.h., wenn man zehn Minuten Didgeridoo spielt wird ein winziger Anteil der Schwingung, bzw. des Klanges, den man zu Anfang des Spiels ins Didgeridoo gab noch im Klang der letzten Sekunde erhalten sein!

Diese in der Luft durch das vibrieren der Lippen entstehende schwingende Sinusschwingung (vgl. Allgemeine Erklärung zur Schallerzeugung) wird vom menschlichen Ohr als Ton einer bestimmten Höhe mit einem bestimmten Klang wahrgenommen.

Die Höhe des Tones ist abhängig von der Frequenz der Grundschwingung (vgl. Verantwortliche Faktoren für die Veränderung des Tons). Die Frequenz ist definiert als Schwingungen pro Sekunde (Hz). Das menschliche Ohr ist in der Lage, Töne zwischen (ca.) 16 Hz und 20.000 Hz wahrzunehmen. Vor allem die Obergrenze variiert jedoch sehr stark und nimmt mit zunehmendem Alter ab. Der Bereich der musikalischen Grundtöne endet z.B. mit der Piccoloflöte bei 3.500 Hz. Über dem Grundton sind hochfrequente Töne ab 1300 Hz bis zu 2500 Hz wahrzunehmen, die im Mundraum des Spielers entstehen und den typischen Charakter des Didgeridoosounds ausmachen. Und das ohne Veränderung der Lautstärke!

Zur Theorie der Klangerzeugung im Didgeridoo machte Flechter diverse akustische Untersuchungen: Der Grundton ist eine Mischung von Grundfrequenz (niedrigster Ton des für das Didgeridoo typischen Klanges) und den Obertönen dieser Frequenz, die durch die Verdopplung der Frequenz entstehen. Durch das verdoppeln einer Frequenz erhöht sich der Ton um eine Oktave. Eine Oktave wird in 12 Halbtonschritte eingeteilt; ein cent ist ein 100stel Halbtonschritt.

 

Beispiel:

Hat ein zylindrisch geformtes Didgeridoo (vgl. Was ist ein Didergidoo?) eine Länge von 122 cm, liegt sein Grundton bei 70 Hertz (C#). Wir hören beim Didgeridoo aber nicht nur den deutlichen 70 Hz-Grundton, sondern auch die dazu entstehenden "ungeraden Harmonien", die Obertöne von 3 x 70 also 210Hz, 5 x 70 also 350 Hz und so weiter.

Hat das Didgeridoo ein eher konische Form (vgl. Was ist ein Didergidoo?), sind auch die ,,geraden Harmonien" (2,4,6,. .) zu hören.

 

Obertöne:

Die Anzahl und Zusammensetzung der Obertöne sind dafür verantwortlich, daß wir z.B. eine Geige im Klang überhaupt vom Didgeridoo unterscheiden können. Sie schwingen grundsätzlich in jedem Grundton jedes Klanges mit. Instrumente wie das Didgeridoo ,kultivieren' die Obertöne zum eigentlichen Klangerlebnis.